Frauenhauskinder und ihr Weg ins Leben – Frauenhäuser als sichere Orte und lebenswerte vorübergehende Sozialisationsinstanzen für Mädchen und Jungen
Prof. Dr. Angelika Henschel
In diesem Beitrag, der in der Fachinformation 2/22 der Frauenhauskoordinierung e.V. erschienen ist, zeigt die Autorin Prof. Dr. Angelika Henschel mögliche Folgen und Risiken auf, wenn Kinder und Jugendliche Partnerschaftsgewalt in ihren Familien erleben und dadurch selbst häusliche Gewalterfahrungen machen. Außerdem schildert die Autorin anhand der Ergebnisse ihrer Studie “Frauenhauskinder und ihr Weg ins Leben”, die 2019 im Barbara Budrich Verlag veröffentlicht wurde, dass Frauenhäuser wirksame Schutz- und Unterstützungsorte für von Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche sein können und eine wichtige Sozialisationsinstanz darstellen. Dabei sieht die Autorin eine besondere Bedeutung in der ressourcenorientierten und resilienzstärkenden Arbeit mit den Kindern: Durch Partizipationserfahrungen und Selbstwirksamkeit werden Kinder und Jugendliche in ihrer Widerstandskraft gestärkt und das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und sich selbst wird befördert. Dadurch erleben sich die Kinder nicht nur als Opfer der Gewalt, sondern sie erleben sich selbst als wirksame, starke und aktive Personen, die neue Möglichkeiten gewaltfreier Lösungsstrategien und gelingender Beziehungen erfahren und kennenlernen.
Frauenhauskinder und ihr Weg ins Leben. Das Frauenhaus als entwicklungsunterstützende Sozialisationsinstanz
Prof. Dr. Angelika Henschel
Zwanzig Mädchen und Jungen, die vorübergehend einen Frauenhausaufenthalt erlebten, berichten über ihre häuslichen Gewalterfahrungen und ihre Erlebnisse im Frauenhaus. Ihre individuellen Entwicklungsverläufe zeigen, dass das Miterleben von häuslicher Gewalt einen Risikofaktor in der Persönlichkeitsentwicklung darstellt. Jedoch vermag es auch Ressourcen im Sinne von Resilienz zu aktivieren, wenn Frauenhäuser sich als unterstützende und entwicklungsfördernde Sozialisationsinstanzen verstehen.
Die Pionierleistung der vorliegenden Studie gründet sich darin, die Gewalterfahrungen dieser Kinder in einem dezidierten Studiendesign mittels strukturierter Interviews erfasst und systematisch ausgewertet zu haben. Daraus ergaben sich tiefe Einsichten über das Erleben der Kinder im Frauenhaus. Aus diesen gewonnenen Erkenntnissen werden in einem – diese Studie kennzeichnenden- sozialisationstheoretischen Zugang Empfehlungen für die Arbeit im Frauenhaus abgeleitet und politische Notwendigkeiten aufgezeigt.